Blog 10: März 2023
Das Bankengesetz und sein Kontext
Das Bundesgesetz über die Banken und Sparkassen (Bankengesetz, BankG) wurde von der Bundesversammlung am 8. November 1934 beschlossen. Anlass für den Vorschlag des Bundesrates waren finanzielle Probleme schweizerischer Grossbanken Anfang der dreissiger Jahre. Um einen Zusammenbruch der betroffenen Banken zu verhindern, waren finanzielle Hilfen des Bundes nötig. Mit dem direkt im Anschluss an die beiden Rettungsaktionen beschlossenen Gesetz, sollte für die Zukunft verhindert werden, dass der Staat aus gesamtwirtschaftlichen Überlegungen finanzielle Hilfen an in wirtschaftliche Nöte geratene Banken leisten musste. Das gelang höchstens teilweise, wie die Ereignisse im Zusammenhang mit den heute noch verbliebenen schweizerischen Grossbanken gezeigt haben.
In den Materialien: Hinweise auf "Ereignisse"
Unter "Materialien" versteht die Rechtslehre Dokumente, die die Vorgeschichte eines Gesetzes verständlich machen. Dazu gezählt werden namentlich die Botschaften, mit denen der Bundesrat der Bundesversammlung ein Gesetz vorschlägt und die Hintergründe seines Vorschlags erläutert und u.U. einzelne Bestimmungen genauer beleuchtet [1]. Weicht das Parlament vom Vorschlag des Bundesrates ab, dann muss anhand der Ratsprotokolle, der Protokolle der vorberatenden Kommissionen und einzelnen Redebeiträgen von Mitgliedern der beiden Kammern des Parlaments erforscht werden, was die Räte damit beabsichtigten.
Beantragt wurde das Bankengesetz durch den Bundesrat in der "Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend den Entwurf eines Bundesgesetzes über die Banken und Sparkassen." vom 2. Februar 1934 [2]. Sie wird im Folgenden als "Botschaft Bankengesetz 1934" bezeichnet.
Schon die Einleitung der Botschaft lässt aufhorchen. Der Bundesrat führt nämlich aus "Der unbeschränkte Einfluss derer, die den Geldmarkt beherrschen und den Kredit verteilen, ist unbestreitbar einer der grossen Machtfaktoren der Gegenwart. Bei diesen Verhältnissen ist die Banktätigkeit eine Art öffentlicher Dienst geworden. Es ist daher durchaus natürlich, dass eine Reihe von Ländern bereits Massnahmen zur Überwachung der Finanzinstitute ergriffen haben. (…) Leider hat die Erfahrung gezeigt, dass trotz dieser Vorsichtsmassnahmen zahlreiche, der Kontrolle unterstellte Banken dem Zusammenbrach und dem Konkurse nicht zu entrinnen vermochten. Die Ereignisse haben erwiesen, dass bei einer katastrophalen Ausdehnung der Krisen alle Vorsicht der Leitung und der Kontrolle manchmal versagt." [3]
Der Bundesrat verwies also in seinen Darlegungen auf "Ereignisse", die aus seiner Sicht Anlass zur Schaffung des Bankengesetzes gaben. Diese Hinweise werden in der Botschaft wiederholt, indem der Bundesrat darlegte: "Die in der ganzen Welt herrschende Wirtschaftskrise erschwert die Ausübung der Banktätigkeit. Sie erfordert eine noch grössere Vorsicht und Geschicklichkeit als früher und die Unterstützung durch eine strenge Kontrolle. Die jüngsten Ereignisse haben gezeigt, dass nichts unterlassen werden darf, um die Sicherheit und die Solidität der Banken zu verstärken." [4]
In der Botschaft bleibt der Bundesrat bei Andeutungen über "Ereignisse". Sie waren aber offenbar so gewichtig, dass sie Anlass zur Etablierung einer strengen Kontrolle über die Tätigkeit von Bankinstituten gab. Die National- und Ständeräte schienen zu wissen, wovon in der Botschaft die Rede war, denn sie folgten den Anträgen des Bundesrates. Das deutet auf zeitliche Nähe der in der Botschaft erwähnten "Ereignisse" hin.
Dieser Beitrag wäre unvollständig, würde nicht nach den in der Botschaft erwähnten "Ereignissen" gesucht, denn sie gehören zu jenen Beweggründen, die bei der Einordnung des Gesetzes berücksichtigt werden müssen. Tatsächlich finden sich zwei bundesrätliche Botschaften, die sich in auffälliger zeitlicher Nähe mit Problemen von Banken befasst hatten und die den National- und Ständeräten bekannt sein mussten, als sie die Beratungen über den Vorschlag des Bundesrates zu einem Bankengesetz aufnahmen.
Das erste Ereignis:
Ein erster Hinweis auf die erwähnten Ereignisse finden sich in der "Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung über die finanzielle Beteiligung des Bundes an der Reorganisation der Schweizerischen Diskontbank" vom 8. April 1933 [5]. Sie wird im Weiteren als "Botschaft Diskontbank 1933" bezeichnet.
Folgt man den Darlegungen in der Botschaft, dann beantragte der Bundesrat den eidgenössischen Räten, sich an der Reorganisation der Schweizerischen Diskontbank in Genf – einer Grossbank für damalige Verhältnisse [6] - mit einem Beitrag von 20 Millionen Schweizer Franken in Form von Aktienkapital zu beteiligen. Die Beteiligung erfolgte durch Umwandlung von Guthaben der Eidgenossenschaft bei der in finanzielle Probleme geratenen Bank in Aktienkapital. Es handelte sich um den grössten Teil des im Rahmen der Reorganisation neu einzubringenden Kapitals von 35 Millionen Franken [7]. Bei den Bedingungen, die der Bund für seine Beteiligung stellte, fällt auf, dass fünf Voraussetzungen verwirklicht werden mussten, damit eine Hilfe als zielführend angesehen wurde: Erstens musste die Diskontbank reorganisiert, d.h. saniert werden; zweitens hatte künftig ein Vertreter des Bundes im Verwaltungsrat mitzuwirken; drittens war die Geschäftsleitung der Bank zu vereinfachen und die allgemeinen Unkosten "inbegriffen die Gehälter bedeutend zu ermässigen" [8]; viertens war die "Geschäftstätigkeit künftig auf in den normalen Rahmen einer schweizerischen Handelsbank zu begrenzen" [9]; fünftens hatte der neue Verwaltungsrat die Frage der Verantwortlichkeit der früheren Organe der Bank zu untersuchen. [10]. Zusammengefasst musste die Diskontbank also personell und organisatorisch neu aufgestellt werden und hatte die bisher verfolgte Geschäftspolitik zu ändern und Fehler der bisherigen Organe zu untersuchen; letzteres wohl in der Meinung, Verfehlungen seien zu ahnden.
Die Folgen der Ablehnung des beantragten Kredits wurden wie folgt geschildert: "Scheitert die geplante Reorganisation, so ist die Diskontbank, auf sich selbst angewiesen, zur Schliessung ihrer Schalter verurteilt. Anderseits ist das Schicksal der Banque de Dépôts et de Crédit derart mit demjenigen der Diskontbank verknüpft, dass ein Rückschlag notgedrungen beide Institute zur Liquidation zwingen musste. Die vorgeschlagene Reorganisation dagegen wird die gleichzeitige Festigung beider Unternehmen erlauben und den Weg zu einer späteren Verschmelzung öffnen. (…) Dagegen ist daran zu erinnern, dass sich die Zahl der Depositenhefte und -scheine sowie der Inhaber von Sichtkonten noch heute auf mehr als 60,000 beläuft. Diese 60,000 Depositäre gilt es zu schützen. Wir denken auch mit Besorgnis an die Folgen eines Schalterschlusses für die 11,000 Schuldner, deren Verbindlichkeiten zum grossen Teile durch Bürgschaften gesichert sind. Für den Platz Genf käme der Zusammenbruch der Diskontbank bei den gegenwärtigen Verhältnissen einer eigentlichen Katastrophe gleich. Die Konsolidierung der finanziellen Grundlage der Diskontbank soll dieses neue Unglück verhüten.
Eine schroffe Liquidation musste schliesslich die sofortige Entwertung der Aktiven und damit grosse Verluste für die zahlreichen Gläubiger des Instituts nach sich ziehen. Die Stützung der Bank wird dagegen diese schwerwiegende Entwertung verhindern und die unbestreitbare Möglichkeit für eine Erholung schaffen, was beides ein wertvolles Aktivum bedeutet." [11]
Folgt man den Gedanken in der Botschaft, dann hatten die Verfehlungen der Organe der Bank eine Situation geschaffen, die dem Bund keine Wahl mehr liess, als der Bank mit Steuermitteln zu Hilfe zu eilen, um zu verhindern, dass eine nicht unkalkulierbare Kette von Schäden für den Finanzplatz Genf und damit für die Schweiz in Gang gesetzt wurde.
Das zweite "Ereignis":
Der zweite Hinweis ist in der "Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung über die finanzielle Beteiligung des Bundes an der Reorganisation der Schweizerischen Volksbank" vom 29. November 1933 [12], zu finden. Sie wird im Weiteren als "Botschaft Volksbank 1933" zitiert. Am 17. Oktober 1933 [13] nämlich waren die leitenden Organe der damaligen Schweizerischen Volksbank direkt an den Bundesrat gelangt und hatten darum gebeten, der Bunde möge sich mit 100 Millionen Franken an der "Rekonstruktion" des Genossenschaftskapitals der Bank beteiligen [14]. Die Bank galt für die damaligen Verhältnisse als Grossbank, was rückwirkend Bedenken weckte, "denn eine genossenschaftlich organisierte Bank ist für das Grossbankgeschäft nicht ausgerüstet" [15], wie die Botschaft des Bundesrates vermutete.
Die Ursache der Probleme werden in der Botschaft wie folgt beschrieben: "Die Nachkriegszeit hatte der Schweizerischen Volksbank erhebliche Verluste und Verlustrisiken gebracht, und zwar resultierten diese damals ausschliesslich aus dem einheimischen Geschäft, wobei speziell die Investitionen in der Stickerei, in der Hotel- und Uhrenindustrie beträchtliche Rückschläge zeitigten. Die im Jahr 1922 durchgeführte schätzungsweise Feststellung ergab ein Total an Verlusten und Risiken von über 50 Millionen Franken." [16]
Um diese Verluste auszugleichen, betrieb die Bank ein intensives Auslandsgeschäft, wie in der Botschaft beschrieben wird: " Das Bestreben, die aus dem Schweizergeschäft entstandenen Nachkriegsverluste wieder einzubringen, verbunden mit dem in den folgenden Jahren sich einstellenden Zustrom an eigenen und fremden Geldern, wofür die Bank im Inland eine Anlage nicht finden konnte, hat die damalige Leitung veranlasst, dem Auslandgeschäft, von dem man hohe "Zinsen und Kommissionen (bis zu 10 %) erwarten durfte, eine besondere Pflege angedeihen zu lassen. Es war aber, wie bereits angedeutet, nicht etwa beabsichtigt, in einzelne neue Wirtschaftsgebiete des Auslandes vorzudringen oder Geschäftsverbindungen mit abträglichem Kontokorrentgeschäft anzubahnen. Es wurden vielmehr Gelegenheitsgeschäfte abgeschlossen, zumeist in Form von gedeckten Vorschüssen. (…) Die Absicht der Bankleitung, die Inlandverluste der Nachkriegszeit mit den hohen Erträgnissen aus dem Auslandgeschäft zu decken, ist in der Folge in der Hauptsache erreicht worden. Das neue und in erheblichem Masse ausgebaute Auslandgeschäft hat jedoch, wie sich heute zeigt, neue und ungeahnte Verluste eingebracht, welche durch die allgemeine Krise noch erhöht wurden. Dadurch erwies sich eine umfassende Sanierung als dringend notwendig." [17]
Die Bank war demnach durch eine - zumindest im Rückblick - verfehlte Risikopolitik in eine finanzielle Notlage geraten, die sie nicht mehr selber bewältigen konnte. Die sich dadurch ergebenden volkswirtschaftlichen Probleme beschrieb der Bundesrat in seinem Antrag, wonach der Bund sich mit 100 Millionen Franken am Kapital der Schweizerischen Volksbank zu beteiligen habe, einerseits mit den intakten Sanierungsaussichten, dann aber vor allem mit den gesamtwirtschaftlichen Folgen einer Liquidation der Bank: "Mannigfach sind die Hilfen, die der Bund aus Anlass der Krise der schweizerischen Wirtschaft darbringen muss. Lange schon steht er der Landwirtschaft bei. Daneben sind es die Opfer für die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit, sei es, dass sie für diese allein, sei es, dass sie in Verbindung mit Unterstützung industrieller Erwerbszweige wie der Hôtellerie, der Stickerei, der Uhrenindustrie dargebracht werden müssen. (…) Heute sind es die rund 100,000 Mitglieder der Volksbank mit 186,000 Stammanteilen, denen er zu Hilfe kommt, um dieses grösste schweizerische Kreditinstitut mit annähernd 350,000 Deponenten, mit 55,000 Debitoren, mit über 400 Millionen Franken Obligationen nicht zur Auflösung zu bringen und so einer Katastrophe vorzubeugen, deren Folgen nicht abzusehen wären. Wenige Familien im Schweizerland sind es, die nicht in irgendeiner Beziehung zur Volksbank stehen." [18]
Auch in diesem Fall ergibt sich aus der Botschaft des Bundesrates: Die Fehlentscheidungen der Organe der Bank hatten eine Situation geschaffen, die dem Bund keine Wahl mehr liessen, als der Bank mit Steuermitteln zu Hilfe zu eilen, sollte nicht eine unkalkulierbare Kette von Schäden für die schweizerische Wirtschaft in Gang gesetzt werden.
Die Schlussfolgerungen des Bundesrates:
Der Bundesrat schloss aus diesen beiden Ereignissen, dass Banken künftig einer strengen Kontrolle zu unterwerfen seien, und begründete seine Auffassung mit folgenden Sätzen:
"Die Notwendigkeit einer solchen Kontrolle liegt in der grossen Bedeutung unseres Bankwesens begründet. Die gegenwärtigen Schwierigkeiten erfordern, das den Banken anvertraute Sparvermögen im Interesse der Gesamtheit wirksam gegen jede Verschleuderung zu schützen. Ferner lehren die kürzlichen Ereignisse, dass eine Bank, sobald sie in Schwierigkeiten geraten ist, den Staat um Hilfe angeht und dass gleichzeitig auch die Gläubiger und die Schuldner an den Staat appellieren. Es ist daher durchaus natürlich, dass sich der Staat bemüht, durch geeignete Mittel Zusammenbrüche von Banken zu verhindern. Endlich kommt es darauf an, eine richtige Verteilung des Kredites zu günstigen Bedingungen zu sichern." [19]
Auch der Bundesrat hatte also in den Krisenjahren Ende der Zwanziger- und Anfang der Dreissigerjahre die Erfahrung gemacht, dass finanzielle Probleme von Banken sich volkswirtschaftlich so auswirken können, dass der Staat zu Hilfen gezwungen wird, auch wenn die finanziellen Probleme sich aus Fehlern der Bankleitungen ergeben. Der Ausdruck "to big to fail" war damals noch nicht gebräuchlich, die damit beschriebene Problematik aber sehr wohl.
Die Kontrolle über die Banktätigkeit:
Die beiden "Ereignisse" auf die der Bundesrat in seiner Botschaft hinwies und die den Mitgliedern von National- und Ständerat anlässlich der Beratungen zum Bankengesetz noch sehr präsent gewesen sein dürften, führten zum Antrag des Bundesrates auf Schaffung des heute noch geltenden Bankengesetzes. Ziel des Vorschlags war es "eine vorsichtige Verwaltung [zu] gewährleisten und die Wiederholung begangener Fehler [zu] verhindern." [20] Dazu sollten "Zunächst (…) die Grundsätze einer richtigen innern Organisation, mit genauer Umschreibung der Zuständigkeit und Verantwortung der verschiedenen Verwaltungsorgane, allgemein durchgeführt werden. Dazu kommt die Verpflichtung, Rechnungen und Bilanzen nach einem klaren und übersichtlichen Schema aufzustellen und zu veröffentlichen. Eine weitere Massnahme ist die strenge fachmännische Kontrolle, die für alle Banken obligatorisch ist. Diese Kontrolle wird das Verantwortungsbewusstsein stärken und eine heilsame vorbeugende Wirkung ausüben." [21]
Drei Hauptpunkte sollten bei dieser Aufsicht berücksichtigt werden:
"a. Erhöhung der Sicherheit für die Gläubiger durch Aufstellung allgemeiner Grundsätze für eine gesunde Organisation und vorsichtige Verwaltung, durch Gewährleistung einer zuverlässigen Bilanz und durch genaue Umschreibung der Verantwortlichkeit der verschiedenen Bankorgane;
b. Sicherung der für die Volkswirtschaft notwendigen Kredite zu normalen Bedingungen, unter Anpassung der Bankenpolitik an die Bedürfnisse von Landwirtschaft, Industrie und Handel;
c. bessere Aufklärung der mit der Leitung unserer Diskont-, Wechsel und besonders Währungspolitik betrauten Nationalbank über alles, was sie zu diesem Zwecke wissen muss." [22]
Vorgesehen waren demnach organisatorische und bilanztechnische Bestimmungen, ein besonderer Schutz der Spareinlagen, die persönliche Haftung der Bankorgane und Auskunftspflichten gegenüber der Nationalbank. [23]
Die weitere Entwicklung:
Die vom Bundesrat in seiner Botschaft beschriebenen Massnahmen sind Gesetz geworden. Sie wurden in einem ständigen Prozess weiterentwickelt. Die Entwicklung ist nicht abgeschlossen und sie wird wohl nie abgeschlossen werden können, denn dazu ist die volkswirtschaftliche Bedeutung von Banken und sind die mit dem Betrieb von Banken für eine Volkswirtschaft einhergehenden Gefahren zu gross und das Bankgeschäft entwickelt sich stetig weiter. Fehler in der Arbeit von Bankleitungen können zu fast unlösbaren Problemen für die ganze Wirtschaft führen, die dann das Eingreifen der öffentlichen Hand mit erheblichen finanziellen Mitteln unabdingbar machen. Der Bundesrat hat diese vom Bankgeschäft ausgehenden Gefahren in seiner Botschaft mit folgenden Sätzen umschrieben:
"Das hervorstechende Merkmal der modernen Wirtschaft liegt vielleicht weniger in der Konzentration des Reichtums als in der Häufung einer grossen wirtschaftlichen Macht in den Händen einer kleinen Zahl von Personen, die nicht Eigentümer, sondern lediglich Verwahrer der Kapitalien sind, die sie anzulegen und zu verwalten haben. Der unbeschränkte Einfluss derer, die den Geldmarkt beherrschen und den Kredit verteilen, ist unbestreitbar einer der grossen Machtfaktoren der Gegenwart. Bei diesen Verhältnissen ist die Banktätigkeit eine Art öffentlicher Dienst geworden. Es ist daher durchaus natürlich, dass eine Reihe von Ländern bereits Massnahmen zur Überwachung der Finanzinstitute ergriffen haben." (…) Die Notwendigkeit einer solchen Kontrolle liegt in der grossen Bedeutung unseres Bankwesens begründet.» [24]
Deshalb soll die Ausübung der mit dem Bankgeschäft verbundene Macht zeitnahe überwacht werden, so dass rechtzeitig eingegriffen werden kann, wenn sich Probleme abzeichnen. Noch heute bietet das am 8. November 1934 von den eidgenössischen Räten beschlossene Bankengesetz die dazu nötige rechtliche Grundlage.
Werden finanzielle Hilfen des Staates für Banken in wirtschaftlichen Schwierigkeiten nötig, sind die Begründungen dafür noch immer dieselben, wie Anfang der dreissiger Jahre des vergangenen Jahrhunderts: Der Hilfsplan des Bundesrates, der Schweizerischen Nationalbank und der Eidgenössischen Bankenkommission zugunsten der UBS vom 15. Oktober 2008 [25] wurde damit begründet, die Grossbanken UBS und CS seien in der Schweiz von systemischer Bedeutung und im Falle eines Ausfall einer Grossbank könnten die Haushalte und Unternehmungen in der Schweiz ihre laufenden Ausgaben und Investitionen nicht mehr tätigen [26]. Auch die bei der Abfassung dieses Beitrags vorgesehenen Hilfen für die Credit Suisse im Zusammenhang mit ihrer Übernahme durch die UBS werden damit begründet, die Stabilität der Finanzmärkte müsse erhalten bleiben [27] [28].
Die bei der Schaffung des Bankengesetzes 1934 angestellten Überlegungen zur Rolle der Banken im Wirtschaftsleben, die damit verbundenen volkswirtschaftlichen Gefahren und der sich daraus ergebende Zwang zu Staatshilfen haben nichts an Aktualität eingebüsst.
- März 2023 / Dr. T. Gattlen
[1] Metzger, Peter, Schweizerisches Juristisches Wörterbuch, 1. Auflage, Bern 1995, Nachdruck 2005, Stichwort "Materialien".
[2] BBl 1934 I 171
[3] Botschaft Bankengesetz 1934, Seite 171
[4] Botschaft Bankengesetz 1934, Seite 172
[5] BBl 1933 I 609
[6] Botschaft Diskontbank 1933, Seite 615
[7] Botschaft Diskontbank 1933, Seiten 609, 619 ff.
[8] Botschaft Diskontbank 1933, Seite 621
[9] Botschaft Diskontbank 1933, Seite 621
[10] Botschaft Diskontbank 1933, Seite 621
[11] Botschaft Diskontbank 1933, Seite 629
[12] BBl 1933 II 801
[13] Botschaft Volksbank 1933, Seite 810
[14] Botschaft Volksbank 1933, Seite 801
[15] Botschaft Volksbank 1933, Seite 802
[16] Botschaft Volksbank 1933, Seite 806
[17] Botschaft Volksbank 1933, Seite 806/807
[18] Botschaft Volksbank 1933, Seiten 819 f.
[19] Botschaft Bankengesetz 1934, Seite 172
[20] Botschaft Bankengesetz 1934, Seite 174
[21] Botschaft Bankengesetz 1934, Seite 175
[22] Botschaft Bankengesetz 1934, Seiten 175 f.
[23] Botschaft Bankengesetz 1934, Seiten 176 ff
[24] Botschaft Bankengesetz 1934, Seite 171 f.
[25] BBl 2008 8943
[26] BBl 2008 8943, Seite 8944
[27] Medienmitteilung SNB vom 15. März 2023
[28] Medienmitteilung Bundesrat vom 19. März 2023